Inhaltsverzeichnis
- Was ist das Upper Cross Syndrom
- Woran erkennt man ein Upper Cross Syndrom
- Welche Ursachen hat das Upper Cross Syndrom
- Welche Übungen helfen beim Upper Cross Syndrom
- Ergonomie im Alltag
- Was ist das Lower Cross Syndrom
- Fazit
Was ist das Upper Cross Syndrom?
Das Upper Cross Syndrom wird auch als Nacken-Schulter-Arm-Syndrom bezeichnet und geht auf den tschechischen Arzt Vladimir Janda zurück. Dieser erkannte, dass eine vorgebeugte Körperhaltung durch eine Übermäßige Ansteuerung einiger Muskeln durch das Nervensystem, bei gleichzeitiger Abschwächung anderer Muskeln entsteht.
Da jeweils die überaktiven (auch: faszilierten) sowie die abgeschwächten (auch: inhibierten) Muskeln sich diagonal gegenüberstehen, wurde der Begriff Kreuzsyndrom beziehungsweise Upper Cross Syndrom geprägt. Ein überaktivierter Muskel weist durch die übermäßige Ansteuerung eine höhere Ruhespannung auf und wird damit als fest oder verspannt wahrgenommen. Ein inhibierter Muskel wird nicht optimal angesteuert und ist demnach abgeschwächt. Auch abgeschwächte Muskeln neigen dazu, Beschwerden auszulösen. In der Umgangssprache wird das Upper Cross Syndrom häufig als Rundrücken, Handynacken oder mit verkürzter Brustmuskulatur beschrieben.
Woran erkennt man ein Upper Cross Syndrom
In der Praxis äußert sich ein Upper Cross Syndrom in der typisch vorgebeugten Körperhaltung mit folgenden sichtbaren Charakteristika:
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Eingefallene Schultern
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Hochgezogene Schulterblätter
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Rundrücken, vor allem in der Brustwirbelsäule
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Überstreckte Halswirbelsäule
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Nach vorne geschobener Kopf
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Unbewegliche Brust- und Schultermuskeln
Durch diese Symptome können jedoch noch weitere Beschwerdebilder entstehen:
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Kopfschmerzen aufgrund erhöhter Muskelspannung der Nackenmuskeln
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Nervenschmerzen durch Fehlhaltung der Halswirbelsäule
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Verspannungen im oberen Rücken und Nacken
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Muskuläre Dysbalancen und erhöhte Belastung der Bandscheiben
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Schulter- und Rückenschmerzen
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Atembeschwerden durch eine hohe Spannung der Atemhilfsmuskulatur
Somit handelt es sich beim Upper Cross Syndrom um ein orthopädisches Beschwerdebild, das in den allermeisten Fällen lebensstilbedingt erworben ist. Das Problem dabei ist, dass es sich unbehandelt selbst verstärkt, da die vorgebeugte Haltung die bereits verspannten Muskeln weiter annähert und die Spannung fortlaufend erhöhen kann.
Deswegen ist es besonders wichtig, dem Upper Cross Syndrom und der entstehenden Fehlhaltung durch gezieltes Training und Ergonomie im Alltag zu begegnen.
Abgeschwächte Muskeln
Beim Upper Cross Syndrom sind vor allem diejenigen Muskeln abgeschwächt, die für eine aufrechte Körperhaltung sorgen. Hierzu gehören unter anderem die Muskeln zwischen deinen Schulterblättern M. Rhomboideus und M. Infraspinatus. Diese ziehen die Schulterblätter nach hinten. Weiterhin ist der untere Anteil des Trapezmuskels abgeschwächt und zieht die Schulterblätter nach unten. Dementsprechend gelingt es deinem Körper aufgrund dieses Kraftmangels nicht, die Schultern in der physiologischen Position unten und hinten zu halten. In diesem Zusammenhang sind auch die weiteren Außenrotatoren der Schultergelenke M. Supraspinatus und M. Teres Minor sowie die Gruppe der tiefen Halsbeuger tendenziell zu schwach.
Überaktive Muskeln
Demgegenüber stehen Muskelgruppen, die stärker angesteuert und damit in ihrer Funktion erleichtert werden. Hierzu gehören in erster Linie der Brustmuskel M. Pectoralis Major, der vordere Schultermuskel M. deltoideus pars clavicularis und der obere Teil des Trapezmuskels M. Trapezius pars descendens. Die erhöhte Spannung in diesen Muskelgruppen zieht deinen Körper in die bekannte vorgeneigte und innenrotierte Position. Der natürliche Gegenpol durch die jeweiligen Gegenspieler-Muskeln fehlt aufgrund der Abschwächung der Antagonisten. Weiterhin sind häufig die oberflächlichen Halsmuskeln wie der M. sternocleidomastoideus verspannt. Dies führt unter anderem zu einer Vorstreckung der Halswirbelsäule, was wiederum die Spannung der Halsmuskeln erhöht.
Welche Ursachen hat das Upper Cross Syndrom
Die Prävalenz von Fehlhaltungen nimmt immer weiter zu. Insbesondere Haltungsschwächen am Rücken und Nacken sind in der westlichen Welt weiter auf dem Vormarsch. Die Ursache hierfür ist eine einseitige Belastung des Körpers sowohl im Alltag als auch im Sport. Gezielte Ausgleichsübungen können helfen, Dysbalancen der Muskulatur wieder zu beseitigen.
Risikofaktoren im Alltag
Aufgrund des zunehmenden Anteils an sitzenden Tätigkeiten in unserem Alltag werden die Risikofaktoren für das Upper Cross Syndrom immer zahlreicher. Generell begünstigt Sitzen allein die Entstehung des Syndroms bereits stark. Durch die Arbeit vor dem Körper neigen wir zu Fehlhaltungen, indem die Schultern und Brustwirbelsäule eingerundet werden. Die Haltemuskulatur des Rückens wird so nicht gefordert und verkümmert, während die Muskulatur der vorderen Kette verkürzt. Die Arbeit an Bildschirmen begünstigt zudem das Hervorstrecken der Halswirbelsäule. Ist eine schlechte Körperhaltung erst einmal etabliert, fällt es umso schwerer, diese wieder abzulegen, da sich die entstehenden Dysbalancen ohne ausgleichende Übungen immer weiter verstärken. Noch wichtiger als gezielte Übungen zur Therapie ist es daher, rechtzeitig mit der Prävention durch regelmäßiges Training zu beginnen.
Risikofaktoren im Sport
Regelmäßiger Sport und Achtsamkeit bei der täglichen Körperhaltung sind die wichtigsten Säulen, um eine Fehlhaltung zu beseitigen. Jedoch eignen sich nicht alle Sportarten gleichermaßen, um das Upper Cross Syndrom zu behandeln. Sportarten, die eine einseitige Belastung oder vorgebeugte Körperhaltung vorsehen, können die muskulären Dysbalancen sogar noch verstärken und zwingen Schultern, Nacken und Rücken in ungünstige Positionen. Hierzu gehören unter anderem
, Hockey oder , das nur deine Körpervorderseite beansprucht.Das bedeutet natürlich nicht, dass du diese Sportarten meiden musst, wenn du unter dem Upper Cross Syndrom leidest. Vielmehr solltest du die genannten Risikosportarten umso stärker mit den richtigen Kräftigungs- und Dehnübungen ergänzen. Beim Krafttraining ist es sehr wichtig, vor allem auf Zugübungen zu setzen und die Körperrückseite ebenso gut zu entwickeln wie die Vorderseite. Hierbei empfiehlt sich ein Verhältnis von mindestens 2:1 aus Zug zu Drückübungen zur Prävention und mindestens 3:1 zur Therapie des Upper Cross Syndroms.
Demgegenüber stehen Sportarten, die für eine gesunde Körperhaltung besonders empfehlenswert sind und die gesamte Muskulatur gleichmäßig stärken. Sehr gut geeignet sind unter anderem Schwimmen (mit Kopf unter Wasser in Bauchlage), Yoga und Pilates.
Der schnellste Weg, deine Körperhaltung zu verbessern und Fehlhaltungen zu korrigieren, ist jedoch, direkt die abgeschwächten Muskeln zu kräftigen und die verspannten Muskeln zu dehnen.
Welche Übungen helfen beim Upper Cross Syndrom?
Das erste Ziel für eine gesunde Körperhaltung ist, abgeschwächte Muskeln zu trainieren. Diese sind beim Upper Cross Syndrom vor allem die Haltemuskulatur im Rücken und Nacken. Für hypertone Muskeln (mit viel Spannung) eignen sich unter anderem Dehnübungen. Idealerweise verwendest du hier eine Kombination aus statischem Dehnen, bei dem du eine Position mindestens 60 Sekunden lang hältst, sowie dynamischem Dehnen, das meist leichter ausfällt und Anspannung und Entspannung abwechselt.
Neben Dehnübungen können auch Faszientraining und Mobilisationsübungen dazu beitragen, den Ruhetonus eines verspannten Muskels zu reduzieren und Beschwerden zu behandeln. Ein sehr intensives Dehnprogramm kann sogar kontraproduktiv wirken und den Tonus der Muskulatur sogar erhöhen. Daher solltest du zur Detonisierung verspannter Muskeln verschiedene Techniken ausprobieren und herausfinden was für dich funktioniert und angenehm ist. Durch die Kräftigung des Antagonisten kannst du die Spannungsverhältnisse in jedem Fall korrigieren.
Überaktive Muskeln reagieren nämlich zudem nicht nur gut auf Dehnen und Faszientechniken mit einer Änderung der Ruhespannung, sondern auch auf das gezielte Training der Gegenspieler. Ist demnach der obere Anteil des Trapezmuskels verspannt und möglicherweise auch schmerzhaft, so kann dessen Entspannung häufig durch eine Kräftigung des unteren Anteils des Trapezmuskels erreicht werden. Man kennt dieses Prinzip in der Trainingslehre auch als reziproke Hemmung. Dieses besagt, dass bei der Kontraktion eines Muskels, der jeweilige Gegenspieler (Antagonist) gedehnt sein muss, damit eine Bewegung entstehen kann.
Folgende Übersicht hilft dir dabei das Upper Cross Syndrom unter biomechanischen Gesichtspunkten zu verstehen und jeweils die passenden Übungen zu finden:
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Brustmuskel: Hier empfehle ich dir, deine obere Rückenmuskulatur zu kräftigen und anschließend eine Faszienmassage am Brustmuskel. Dazu eignen sich ein Rack und eine
. -
Vordere Schulter: Kräfitge deine hintere Schulter und dehne deine Brust an einem Rack.
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Trapezmuskel (Nacken) oberer Anteil: Mit einer leichten Faszienmassage und Seitneigungen des Kopfes kräftigst du den Trapezmuskel. Hier lohnt sich ein Rack oder deine eigene Hand zum Nachdehnen.
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Oberer Rücken: Mit gezielten Ruderübungen am Kabelzug oder der
kannst du dem abgeschwächten Muskel entgegenwirken. -
Hintere Schulter: Mit Seitheben (vorgebeugt) oder Reverse Butterfly trainierst du am Kabelzug, der Kraftstation oder mit den Kurzhanteln deinen abgeschwächten Muskel.
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Außenrotatoren Schulter: Hier eignet sich Kurzhantelrotationen mit den .
-
Trapezsmuskel (Nacken) unterer Anteil: Diesen Muskel trainierst du optimal am Kabelzug oder einer
. -
Rückenstrecker oberer Anteil: Rolle deine Wirbelsäule langsam Wirbel für Wirbel auf, z. B. an einem Kabelzug.
Mit diesen Übungen kannst du deine Haltemuskulatur stärken und das Upper Cross Syndrom effektiv beheben. Besonders effektiv werden die Übungen, wenn du sie täglich mit einer ergonomischen Körperhaltung kombinierst.
Ergonomie im Alltag
Der positive Effekt der richtigen Übungen kommt erst dann richtig zum Tragen, wenn du sie täglich auch korrekt einsetzt. Versuche deshalb deine Sitzzeiten zu reduzieren und so oft es geht, auch zu stehen oder zu gehen. Kleine Spaziergänge sind dabei schon ein toller Anfang. Je nachdem kann ein Steharbeitsplatz auch deine Symptome bereits lindern. Beginne hier mit kurzen Stehphasen, um dich daran zu gewöhnen.
Wenn dir auffällt, dass deine Haltung sich einrundet, begib dich immer wieder in eine aufrechte Position. Was anfangs noch schwerfallen wird, kann schon bald zum Automatismus werden. Auch die tägliche Körperhaltung ist ein Training.
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Analog zum oberen Kreuz Syndrom gibt es auch im Unterkörper diagonal gegenüberliegende Muskeln, die zu viel beziehungsweise zu wenig Spannung aufweisen. Das als Lower Cross Syndrom bekannte Beschwerdebild zeigt einen verspannten Hüftbeuger und unteren Rücken sowie zu schwache Gesäß- und Bauchmuskeln. Durch einen inaktiven Lebensstil gehen beide Syndrome nicht selten miteinander einher. Daher gelten auch für das Lower Cross Syndrom ähnliche Risikofaktoren und Maßnahmen. Auch hierbei sind ein gezieltes
der abgeschwächten Muskeln und eine Reduktion der sitzenden Tätigkeiten die beste Möglichkeit zur Therapie.Fazit
Das Upper Cross Syndrom ist ein Symptomkomplex, der vor allem durch einen bewegungsarmen Lebensstil hervorgerufen wird. Durch Krafttraining und die entsprechenden Dehn- und Mobilisationsübungen kannst du jedoch nicht nur die Symptome reduzieren, sondern auch deine Haltung dauerhaft verbessern. Damit werden deine Beschwerden ursächlich beseitigt und weiteren Fehlhaltungen vorgebeugt.
Quellen:
1) Physiopedia 2022, Upper-Crossed Syndrome, URL: https://www.physio-pedia.com/Upper-Crossed_Syndrome (letzter Zugriff 27.10.2022)
2) Osphysio München, Upper und Lower Crossed Syndrom, URL: https://www.osphysio.de/aktuelles/87/nacken-und-rueckenschemrzen (letzter Zugriff 27.10.2022)
3) National Library of Medicine, Seidi Foad, Bayattork Mohammad, Minoonejad Hooman, Andersen Lars Louis, Page Phil: Comprehensive corrective exercise program improves alignment, muscle activation and movement pattern of men with upper crossed syndrome: randomized controlled trial, 2020, URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7692548/ (letzter Zugriff 27.10.2022)
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